Die Volkswagenstiftung unterstützt Judith Hahns Forschungen durch Finanzierung einer einjährigen Vertretungsprofessur 2024/2025. Die Freistellung dient der Fertigstellung der Schrift Glocal Law: Global Catholicism, Canon Law and the Local Churches. Die Studie analysiert den globalen Geltungsanspruch des römisch-katholischen Kirchenrechts und untersucht anhand dieses spezifischen Beispiels Geltungskonflikte moderner transnationaler Ordnungen.
Als sogenanntes „universales“ Recht beansprucht die päpstliche Gesetzgebung Geltung in den Ortskirchen aller Kontinente: in urbanen Ballungsräumen und ländlichen Siedlungsgebieten, in einkommensstarken und Entwicklungsländern, in kontinentalen Zivilrechts- und angelsächsischen Common-Law-Kulturen. Der Transfer des kontinentaleuropäischen, vom römischen Recht geprägten Regelsystems in die Ortskirchen ist interkulturell konfliktträchtig. Die Studie sammelt und systematisiert Beispiele für dieses Spannungenverhältnis. Sie beschreibt den prekären Status des globalen Kirchenrechts zwischen seinem Anspruch auf Universalität einerseits und der essentiellen Kulturalität rechtlicher Zeichen andererseits. Die Studie sichtet - inspiriert vom "cultural turn" der Geisteswissenschaften - die zeitgenössische Kirchenpolitik und diskutiert, wie sich kirchenamtliche Vorstellungen von einer „Inkulturation“ des römischen Kirchenrechts gemäß dem theologischen Vorbild der „Inkarnation“ zum wissenschaftlichen Paradigma von „Recht als Kultur“ verhalten. Unter Bezugnahme auf Forschungen zum Rechtskolonialismus und zu interkulturellen Theologien argumentiert die Schrift für eine postkoloniale Revision des Kirchenrechts und für eine "glokale" Sicht auf Recht, die superkulturelle Rechtsvorstellungen überwindet.