Universität Bonn

Katholisch-Theologische Fakultät

23. Februar 2023

Prof. Dr. Andreas Odenthal zur päpstlichen Einschränkung der "Alten Liturgie" Prof. Dr. Andreas Odenthal zur päpstlichen Einschränkung der "Alten Liturgie"

Interview mit Mathias Peter
veröffentlicht auf www.domradio.de,
23. Februar 2023


Prof. Dr. Andreas Odenthal
Prof. Dr. Andreas Odenthal © Schafgans dgph
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Im Interview mit Mathias Peter vom Domradio äußert sich Andreas Odenthal, Professor für Liturgiewissenschaft, zur jüngsten Entscheidung des Papstes, die Feier der sogenannten Alten Messe (Messbuch von 1962) weiter einzuschränken, zur kirchenpolitischen Instrumentalisierung der Messe und zur Herausforderung, die Pluralität liturgischer Formen wieder und neu zu entdecken - hier einige Auszüge:

"Birgt das Messbuch von 1962 tatsächlich eine "Alte Messe"? Im Grunde liegt hier eine neuzeitliche Überarbeitung der nach Trient festgeschriebenen Ergebnisse vielfältiger mittelalterlicher Überformungen vor. Also: Was ist "die" Tradition des Katholischen in Bezug auf die Liturgie? Eine, wenn ich recht sehe, bislang ungelöste Frage.
Benedikt XVI. wollte ... innerkirchliche Konflikte befrieden: Die Anhänger der "Alten Messe" sind – zumindest in Europa – eine relativ kleine Gruppe, die gleichwohl medial stark präsent ist. Schon oft ist darauf aufmerksam gemacht worden, dass es nicht in erster Linie um Liturgie geht, sondern um das II. Vatikanische Konzil mit seinen Positionierungen zum Kirchenbild, zum Verhältnis zu den nichtchristlichen Religionen, zur säkularen Gesellschaft und anderem mehr. Die Liturgie ist hier "nur" Symptom – wie so oft. Wenn ich recht sehe, war nun einigermaßen Ruhe eingekehrt, so dass die Entscheidung von Papst Franziskus über die Restriktionen des Alten Ritus verwunderte. Ein Auslöser dürfte der gelegentlich erhobene Alleinvertretungsanspruch auf das wahre Katholische gewesen sein, den aber in anderen Kontexten auch andere Gruppen für sich reklamieren. Ob die Entscheidungen des Papstes aber nützlich sind, bleibt abzuwarten."

"Die liturgische Landschaft vorher [vor dem 19. Jahrhundert] war plural – ein wirklicher Reichtum an Texten und Formen! Vor diesem Hintergrund sind die Entscheidungen von Franziskus – hart gesprochen – als pluralitätsfeindlich einzuschätzen. Dahinter steht augenscheinlich die Fiktion der Einheit, nun in Fragen der Liturgie. Und es geht natürlich noch um ein anderes Thema, nämlich das der Macht. Mir ist nicht klar, wie die Entscheidungen des Papstes mit ihrem Eingriff in die Befugnisse der Bischöfe mit seinen Bemühungen um eine Synodale Kirche zusammengehen."

"Schlimmeres kann dem Gottesdienst der Kirche nicht passieren, als dass er kirchenpolitisch instrumentalisiert wird. Dann wird der Frei-Raum des Rituellen zerstört um einer kirchenpolitischen Akzentsetzung willen. Das ist das Dilemma der Alten Messe: Wer sie feiert, positioniert sich in besonderer Weise. Es müsste uns allen ein Anliegen sein, den Gottesdienst als Frei-Raum des sakramentalen Tuns der Kirche zu schützen – und nicht zu instrumentalisieren, auch nicht im Hinblick auf dieses oder jenes Pontifikat."

"Der Gottesdienst macht eine Gegen-Welt auf: die der Transzendenz Gottes. Und doch muss er auf den Alltag bezogen bleiben, ohne ihn peinlich zu wiederholen. Das umzusetzen ist eine hohe Kunst, an der wir alle arbeiten müssen, jenseits von "Alter" oder "Neuer" Messe."

"[Es] besteht immer noch das Problem der Fokussierung auf die Eucharistiefeier. Die Veränderung der pastoralen Räume in den deutschen Diözesen führt nach meiner Wahrnehmung da und dort zur Tendenz, plurale gottesdienstliche Formen wieder einzuschränken. Anderes aber wäre an der Reihe, nämlich die Pluralität von Gottesdienstformaten weiter auszubauen. Das kann aber nicht zentralistisch geschehen, sondern nur vor Ort."

Das Interview im Wortlaut auf www.domradio.de:
https://www.domradio.de/artikel/liturgieexperte-sieht-einschraenkung-der-alten-messe-kritisch

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