Vortrag am 7. Dezember 2022 – Dies academicus
Zeit: 14:15 Uhr bis 15:00 Uhr
Ort: Hörsaal V
Wer Wirklichkeit abzubilden versucht, könnte als töricht oder trunken angesehen werden. – Wirklich? – Wohl kaum, wenn jemand es wagt, sich in historischer Zeitsensibilität geistigen Herausforderungen der Menschen in der Gesellschaft zu stellen.
Ludwig Wittgenstein hat Wirklichkeit sprachlich verortet, und lange vor ihm hat u.a. Meister Eckhart sie epistemisch grundiert. Dies markiert die Überlegungsrichtung: Es wird ausgeführt, wie Paul Ricœur in seinem Nachlasswerk die Wirklichkeit an der Achse von Leben, Sterben und Tod aufschließt und an der engagierten Existenz Grundfragen der Anthropologie erörtert. Ricœurs Einsichten geben überraschend einen hermeneutischen Schlüssel an die Hand, um das in eine christlich spätmittelalterliche Mystik eingetauchte, bildhaft überbordende, sakramentlich gewebte Wirklichkeitsverständnis der Zisterzienserin Gertrud von Helfta zu erschließen. Die eindrücklichen Metaphern sind geeignet, Gertrud aus dem Schatten der Hildegard von Bingen zu befreien.
Mein Beitrag möchte Wirklichkeit, die sich mystisch unscharf und strukturiert vermittelt, als Konstruktion und Projekt des Menschen einsichtig machen.