Literarische Ambiguitäten
in Neutestamentlichen Schriften
Projektleitung: Prof. Dr. Christian Blumenthal
Projektbeschreibung
Im Rahmen des Fakultätsschwerpunktes "Ambiguitäten – Identitäten – Sinnentwürfe" beschäftige ich mich aktuell mit Fragen rund um einen strategischen Einsatz literarischer Mehrdeutigkeiten im Neuen Testament.
PAULUS
Eine erste Fallstudie am Philipperhymnus deutet darauf hin, dass Paulus literarische Mehrdeutigkeit gezielt als Mittel seiner theologischen Argumentation einsetzt: Die Mehrdeutigkeit der Gottgleichheitsaussage in Phil 2,6 und ihr argumentationsstrategisches Potential, in: Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft 113 (2022) 180–201.
Ein thematischer Schwerpunkt meiner ambiguitätstheoretischen Untersuchung liegt auf dem Sklaventopos im Philipperbrief. Dieser zeigt eine spannungsvolle Gleichzeitigkeit von absoluter Abhängigkeit und – völlig gegenläufig dazu – gänzlicher Selbstbestimmung. Norbert Lohfinks bekanntes Diktum vom Gottes Sklaventum transformiere ich christologisch und spreche vom Christi Sklaventum im Philipperbrief. Drei Beiträge schauen mit sich ergänzenden Fokussierungen auf den Sklaven-Topos und leuchten ihn ambiguitäts- und gendertheoretisch aus.
(1) Paulinische Raumpolitik im Philipperbrief (Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments 286), Göttingen 2023, 201–212 (Macht, Abhängigkeit und Eigenstand „in Christus“ – Ambiguitätssensible Reflexionen).
(2) Sklave, Macht und Männlichkeit. Die Selbstvorstellung des Paulus in Phil 1,1 ambiguitäts- und gendertheoretisch betrachtet. Mit einem Zwischenruf von Christina M. Kreinecker zu „Frauen in antiken Alltagstexten“, in: Geschlecht, Sexualität, Ehe. Sondierungen im Neuen Testament (Quaestiones disputatae 327), hg.v. Stefan Schreiber/Konrad Huber/Karl Matthias Schmidt, Freiburg u. a. 2023, 110–142.
(3) Eine konzentrierte Fassung dieser beiden Untersuchungen lege ich im Eröffnungsband der Schriftenreihe Ambiguitäten – Identitäten – Sinnentwürfe der Fakultät vor. Dort ordne ich die Beobachtungen zudem forschungsgeschichtlich ein.
MARKUS
Ein weiterer thematischer Schwerpunkt bildet in den nächsten Jahren eine ausführliche Beschäftigung mit der ambigen Theologie im Markusevangelium. Dabei lese ich dieses älteste Evangelium als literarisches Krisenmanagement und frage unter ambiguitätstheoretischer Perspektive nach der Konstruktion von starken asymmetrischen Abhängigkeiten in dieser Jesuserzählung.
(1) Krisenmanagement bei Markus. Studien zur ambigen Grundstruktur seiner Theologie und zu seiner Konzeption von Raum, erscheint in: Stuttgarter Bibelstudien.
(2) Markus und seine Macht als Erzähler inmitten einer existentiellen Krise. Abhängigkeitstheoretische Beobachtungen zur ältesten Jesuserzählung, erscheint in: Biblische Zeitschrift.