Brigitte Schwens-Harrant / Jörg Seip
Mind the Gap.
Sieben Fährten über das Verfertigen von Identitäten
Wien 2019 (Klever Verlag)
brosch., 156 S., € 18,-
ISBN 978-3-903110-46-5
„Die Geistes- und Sozialwissenschaften argumentieren nun in der Regel durchaus gegen substantialistische Vorstellungen, tappen aber doch immer wieder in zwei Fallen: jene des Jargons, den außer Kolleg*innen niemand mehr versteht – und der auch niemand erreicht, den man überzeugen möchte –, und jene der unbewussten Übernahme von essentialistischen Positionen. Der vorliegende Band vermeidet diese Fallen und sticht in zweierlei Hinsicht hervor: Auf der einen Seite arbeitet er in den sieben Essays, die alle auch für sich gelesen werden können, sieben Identitätsprobleme konzeptuell auf und bietet, wenn man den Band als Ganzes betrachtet, eine übersichtliche und wohltuend verständliche Zusammenführung dieser Probleme. Das Buch bricht die geistes- und sozialwissenschaftliche Diskussion also zuerst einmal wohltuend herunter, und zwar in einer Form, die Komplexität nicht reduziert, aber gleichwohl verstehbar macht. Auf der anderen Seite entwickelt der Band – und dies vor allem durch den letzten und kürzesten Beitrag über den Gast, von dem aus Leser*innen noch einmal zurückblicken können auf das Buch und auf das Identitätsproblem insgesamt, wodurch sie noch einmal eine ganz neue Sicht auf Identitätsbildungsprozesse bekommen – ausgehend von Jacques Derrida eine »Denkfigur des Unbedingten« (S. 129), die nicht nur Identitätskonstruktionen zu dekonstruieren vermag, sondern auch das eigene Schreiben: d.h. das Verfertigen von Begriffen und Konzepten, die letztlich auch am Herstellen von Identitäten beteiligt sind. Das Buch macht also ernst mit dem, was es beschreibt: So wie Identität ein Narrativ ist und erzählt werden muss, so ist auch das vorliegende Buch selbst eine Erzählung. Der Paradoxa des Denkens, in der eine jede Form von seriöser (De-)Konstruktion notwendigerweise gefangen bleibt, sind sich die beiden Autor*innen nicht nur bewusst, sondern sie thematisieren diese ganz explizit.“
(Martin Sexl, 28.03.2019, http://www.literaturhaus.at/index.php?id=12390&L=972)